Berlin kann einen Leuchtturm für Inklusion schaffen

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Ein Gastbeitrag von LSB-Präsident Thomas Härtel für den Tagesspiegel

„Inclusion Revolution“ – davon sprach Timothy Shriver, Chairman von Special Olympics, bei den Weltspielen 2023 in Berlin.  Andrew Parsons, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees erhoffte sich von den Paralympics in Paris eine „Revolution der Inklusion“ und Berlins Sportsenatorin Iris Spranger erklärte beim Berliner Abend im Deutschen Haus in Paris während der Paralympics: „Ich möchte, dass Berlin Inklusionshauptstadt wird”.

Special Olympics wie Paralympics haben uns allen vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Menschen mit Beeinträchtigungen Zugang zu allen Aktivitäten des Alltags zu ermöglichen. Beide Großereignisse waren eine eindrucksvolle Demonstration dafür, wie wirkmächtig der Sport bei der Bewältigung dieser Herausforderung ist. Die Sportler*innen der Special Olympics wie der der Paralympics erfuhren eine Aufmerksamkeit und Unterstützung, die so selbstverständlich schien wie bei Olympischen Spielen oder Fußball-Weltereignissen. Dies darf nicht nur bei Ausnahme-Events der Fall sein, sondern muss Normalität werden.

In Berlin und Paris haben wir auch gesehen, wie hoch die Hürden sind. Weder in der deutschen noch in der französischen Hauptstadt waren und sind Sportstätten, Transportgegebenheiten oder die urbanen Flächen insgesamt so, wie ein inklusiver Masterplan dies vorsehen würde. Dass Berlin sich eindeutig entschieden hat, den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zum ersten vollinklusiven Sportpark Deutschlands umzubauen, ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft in Berlin und in Deutschland. Ein solcher Sportpark eröffnet Menschen mit Beeinträchtigungen einen Zugang zu vielen Sporträumen – für Leistungssport ebenso wie für den Sport für alle, tagtäglich. So wird er zum Leuchtturm für Inklusion. Andere Projekte können und sollen sich an ihm ausrichten.

Gemeinsam Zukunft gestalten

Hamburg hatte in seiner Idee für Olympische und Paralympische Spiele 2024 schon den Begriff Allympics geprägt. Zusammenführen, zusammen erleben, zusammen gestalten. Gemeinschaft leben. Das ist das Zeichen, das ein voll inklusiver Sportpark für eine diverse Stadtgesellschaft setzt, wie die Berliner eine ist. Wir gemeinsam gestalten unsere Zukunft.

Bei den Weltspielen im vergangenen Jahr wäre der inklusive Sportpark ein optimaler Austragungsort für ein Weltfestival der Inklusion im Sport gewesen – und ein weltweites Ausrufezeichen.  Wäre, denn genutzt werden konnte für die Weltspiele keine der Sportstätten. Ein Zeichen in die entgegengesetzte Richtung.

Sporträume, Sportstätten, Sportflächen sind Teil ihrer Umgebung, sie sind Teil der Lebenswelten vieler Menschen, ob als Zuschauende oder Sporttreibende, Anwohnende oder interessiert Betrachtende. Sport weckt Emotionen, ebenso wie Veränderungen dies tun. Der Jahnsportpark hat sich in den vergangenen Jahrzehnten extrem verändert. Selbst das Stadion wurde mehrfach umgebaut, für erweiterte Nutzung zugänglich gemacht – und ist doch alles andere als inklusiv. Mit dem Kompetenzzentrum für InklusionsSport mitten im Jahnsportpark wurde kürzlich zwar ein wichtiger ein Grundstein für die Zukunft des Areals gelegt. Das ist ein guter Anfang, mehr aber auch nicht.

Im Gegensatz zum Olympiastadion, das übrigens lange Jahre umgebaut und sehr aufwändig und kostenintensiv modernisiert wurde, um im alten Gewand den heutigen Anforderungen entsprechend dazustehen, hat das Jahnstadion nicht die bauhistorische Bedeutung, die ihm manche jetzt noch schnell verleihen wollen. Das Tribünengebäude in der jetzigen Form stammt aus dem Jahr 1987.

Eine Modernisierung, und dies vor allem im Sinne vielfältiger und nicht nur monothematischer Sportveranstaltungen, würde den Sport- und Lebensort Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark ebenso stark belasten wie ein Neubau und brächte erhöhte Anforderungen durch schädliche Baustoffe des Bestandbaus.

Allympics wird möglich

Das Stadion ist aber nur ein Teil des gesamten Areals. Die Planungen sehen eindeutig die Berücksichtigung von Klimaresilienz und Biotopen vor. Die Flächen im Sportpark werden so ausgelegt, dass der Gedanke der Allympics, also Sport für alle, möglich sein wird.  Das sportliche Leben hat sich rund um das Stadion entwickelt. Alba ist dort vertreten, Empor, das Fan-Projekt der Sportjugend Berlin und so viele unterschiedliche Sportarten. Vielfältiges sportliches Leben, urban, lebensnah. Der Neubau des Stadions und die Neugestaltung des Areals ermöglichen und fördern den Ausbau dieser Vielfalt und die Teilhabe vieler Menschen am Sport, die allein durch bauliche Gegebenheiten bislang davon ausgeschlossen sind. Diese Hürden einzureißen, sollte Aufgabe und Ziel einer modernen Gesellschaft sein. Die Neugestaltung des Jahnsportparks ist ein großer Schritt dahin. Auch für eine Bewerbung unserer Stadt für Olympische und Paralympische Spiele - für inklusive und nachhaltige Spiele!

 

Foto: © SenSBW/O+M Architekten