„Der beste Weg"

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Staatssekretärin Franziska Becker über die Zukunft des Jahn-Sportparks / Stellungnahme zum Bebauungsplan bis 26. September möglich

Seit Jahren ist die Zukunft des Friedrich-Ludwig-Jahn Sportparks in der Diskussion. Lage, Vielfalt, und Historie des weitläufigen Areals machen dem Jahnsportpark zu einem einzigartigen Sport- und Freizeitkomplex. Soll die Sportanlage auch künftig zu den herausragenden Sportarealen und Veranstaltungsstätten gehören, müssen Stadien, Plätze, aber auch die Gesamtstruktur zukunftsfähig weiterentwickelt werden.

Deshalb wurde bereits vor rund zehn Jahren eine Machbarkeitsstudie in Kooperation mit den Bezirken Pankow und Mitte, Sportfachverbänden, Vereinen und verschiedenen Senatsverwaltungen gestartet. Diese wurde 2020 noch einmal mit einer breit angelegten Bürgerbeteiligung überarbeitet. 2021 wurde der Prozess in einem Städtebaulichen Werkstattverfahren mit Beteiligung der Berlinerinnen und Berliner fortgeführt. Ziel: Den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark künftig besser für lokale, überregionale und internationale Sportveranstaltungen auszustatten und gleichzeitig als moderne, inklusive, innerstädtische Kiezsportanlage und Freiraum für Erholungssuchende zu erhalten.

Marode Bausubstanz erhöhte immer wieder den Druck, zeitnah mit der Umsetzung der Konzepte zu beginnen. Im Jahr 2022 wurde ein Realisierungswettbewerb zum Großen Stadion durchgeführt und über ein Gestaltungskonzept für den Sportpark entschieden. Nun sollen im Oktober 2024 endlich die ersten Baumaßnahmen für ein neues Stadion beginnen. Und doch gibt es immer noch vereinzelte Stimmen, die das neue Konzept in Frage stellen.

Können Sie den nostalgischen Blick auf das Große Stadion und den Park und den Wunsch nach möglichst wenig Veränderung nachvollziehen?

Staatssekretärin Franziska Becker: Tatsächlich nur insofern, dass sich der Mensch generell mit Veränderungen schwertut. Ein solches Areal jedoch aus nostalgischen Gründen nicht zukunftsfähig für heutige und kommende Generationen der Berlinerinnen und Berliner zu machen, wäre ein großes Versäumnis. Zumal diese Anlage seit ihrer Entstehung 1951 ohnehin immer wieder umgebaut wurde. Von dem 1951 entstandenen Bau sind lediglich die Trümmerschuttwälle übrig, das ursprüngliche Stadiongebäude wurde bereits vor Jahrzehnten abgerissen. Erdwallstadien gibt es in Deutschland etliche und die Verwendung von Trümmerschutt war nach dem Zweiten Weltkrieg üblich. Das aktuelle Tribünengebäude stammt von 1987, hat damit nur eine DDR-Geschichte von drei Jahren und war grundsätzlich nur auf den Fußball ausgerichtet. Die heute als Wiedererkennungsmerkmal häufig zitierten bunten Sitze wurden erst in den 1990er Jahren eingebaut. Auch der Zielrichterturm für die Leichtathletik wurde erst nach der Wende ergänzt, damit dort überhaupt überregionale Leichtathletik stattfinden konnte. Der Jahnsportpark zeichnet sich also weniger als Wahrzeichen der sogenannten Ostmoderne aus, sondern als Anlage, die wegen ihrer zentralen Lage begehrt war und aufgrund grundsätzlicher funktionaler Defizite insbesondere im Stadionbereich immer wieder überarbeitet wurde.

Wurden Alternativen zum Stadionneubau ausreichend geprüft? Kritiker verweisen auf ökonomische und ökologische Vorteile eines Erhalts des Großen Stadions.

Staatssekretärin Franziska Becker: Umfangreiche Studien und Verfahren, aber vor allem auch eine breit angelegte Bürgerbeteiligung haben ergeben, dass der Weg zu einer – ich betone weiteren – Umgestaltung in der Geschichte des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks der beste Weg ist, um die Anforderungen an eine moderne, inklusive, innerstädtische Sportanlage in Zukunft zu erfüllen. Kernstück ist dabei das Große Stadion mit dem Tribünengebäude. Kein bestandserhaltender Entwurf konnte die hohen funktionalen und genehmigungsrechtlichen Anforderungen an eine Versammlungsstätte dieser Größe erfüllen. Mindestanforderungen für den Sport und in den in den Bereichen Sicherheit und Technik sind mit dem derzeitigen Stadion nicht zu erreichen. Vor allem aber werden wir der sportlichen und historischen Bedeutung mit beständigem „Flickwerk“ nicht gerecht. Wir müssen jetzt die Chance nutzen, diese wertvolle Traditionsanlage zu einer zeitgemäßen vielfältigen Sport- und Freizeitanlage und einem inklusiven Stützpunkt für den Behindertensport weiterzuentwickeln.

Wird also am Beschluss, das Stadion zurückzubauen, festgehalten, auch wenn die Kosten für das neue Stadion erheblich gestiegen sind?

Staatssekretärin Franziska Becker: Das Land Berlin wird das schon seit Jahren nur noch eingeschränkt nutzbare Stadion durch einen modernen und funktionellen Neubau ersetzen. Wir sprechen hier von einem Gebäude, das aufgrund von austretenden Schadstoffen und erheblichen Brandschutzmängeln geschlossen und zwischenzeitlich größtenteils entkernt ist. Aufgrund eines fehlenden Erdgeschosses kann es auch mit einer Sanierung nicht barrierefrei zugänglich gemacht werden. Wesentliche Kostentreiber sind die in den letzten Jahren allgemein gestiegenen Baukosten. Der Beginn der Maßnahmen war für 2020 geplant. 2020 und 2021 haben wir ein gewünschtes und aus Transparenzgesichtspunkten wichtiges Bürgerbeteiligungsverfahren durchgeführt. Diese Verzögerung hat zu erheblichen inflationsbedingten Kostensteigerungen geführt. Jede erneute Verzögerung führt nur zu weiteren Kostensprüngen.

Wird sich der Charakter des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks komplett verändern? Im Rahmen der drei geplanten Bauabschnitte sollen rund 170 Bäume gefällt werden.

Staatssekretärin Franziska Becker: Der besondere Parkcharakter mit seinem Erholungswert für Anwohnende und Aktive im Freizeit- und Breitensport soll auf jeden Fall erhalten bleiben. Richtig ist, dass im Rahmen der Baumaßnahmen für das Stadion 78 Bäume zu fällen sind. Darüber hinaus sollen weitere neue Sportanlagen für den lokalen Sport, den Vereins- und den Breitensport entstehen, die wir dringend brauchen. Für die schul-, vereins- und breitensportlich genutzten Sportanlagen des Sportparks müssen 98 Bäume fallen. Im Gegenzug zu diesen 176 gefällten Bäumen werden jedoch 203 Bäume neu gepflanzt! Die historischen Sichtachsen und der einzigartige Charakter des Parks werden berücksichtigt, Gebäude und Anlagen aber besser als bisher zugänglich sein. Wichtig ist: Während aller Baumaßnahmen soll der Sportbetrieb im Jahnsportpark weitgehend aufrechterhalten bleiben. Keinesfalls soll der Park für die Berlinerinnen und Berliner über Jahre als Anlaufstelle für Sport und Freizeit entfallen.

Hier geht es zum Bebauungsplan – unter diesem Link können bis 26. September 2024 Stellungnahmen zum Bebauungsplan abgegeben werden. (Link aufrufen und runter scrollen)