Olympic Day mit Herz

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Ronald Raue erinnert an einen Moment, der alles veränderte.

Ein sonniger Samstag in Shunyi, einem Stadtbezirk von Peking. Vormittag, gegen 10 Uhr Ortszeit.  Im Olympischen Dorf, Kilometer weit weg vom olympischen Ruder- und Kanupark, hatten sich die Mitglieder des deutschen Funktions-Teams schon in Vorfreude versammelt. So einen Tag mit einer Goldmedaille zu starten, das bringt Schwung für die gesamte Mannschaft, für Sportler und Sportlerinnen ebenso wie für alle, die um die Athlet*innen herum organisieren und werkeln. In den Büros im Erdgeschoss des mehrgeschossigen Baus, in dem ein Teil der Mannschaft untergebracht war, liefen die Fernseher mit dem Olympia-Kanal, alle warteten auf den Startschuss. Alle waren voller Zuversicht.

Kein Wunder: Ronald Rauhe und Tim Wieskötter waren klare Favoriten auf den Olympiasieg über 500 Meter im Zweier-Kajak. In allen Prognosen und Hochrechnungen war diese Medaille mit drei Sternen als sicher eingestuft. Acht Jahre lang hatte das Duo diese Strecke ungeschlagen beherrscht, ihr Finish auf den letzten Metern galt als atemberaubend.

Nicht einmal 1:29 Minuten später: aus der Traum. Für Ronald und Tim, für alle im Olympischen Dorf. Es herrschte ein Moment der Sprachlosigkeit – und es war der Beginn einer Freundschaft, entstanden bei Olympischen Spielen, die bis heute hält. Freundschaft, das ist einer der Werte, die Olympia vermittelt – und für Ronny Rauhe, der sich am 23. Juni 2025, dem Olympic Day, an seine schmerzhafte Niederlage erinnert, ist Freundschaft einer der wichtigsten Werte.

„Freundschaft bedeutet eine innige Verbindung zu haben, sich auf den anderen verlassen zu können, zu wissen, das man füreinander da ist. Der Sport bringt Menschen zusammen, daraus entstehen Freundschaften fürs Leben – das macht einen großen Teil des Fundaments für eine funktionierende Gesellschaft aus“, sagt der Berliner, der heute in Falkensee in Brandenburg am Rande Berlins lebt und der den Beetzsee in Bradenburg/Havel einst als sein Wohnzimmer bezeichnete.

„In diesem  Endlauf war ich zum ersten Mal auf den damals 23-jährigen Spanier Saúl Craviotto gestoßen. Seit diesem Tag sollte uns eine dreizehnjährige Rivalität und Freundschaft verbinden, mit bisweilen merkwürdigen Parallelen“, schreibt der sechsmalige Olympia-Teilnehmer und zweimalige Goldmedaillen-Gewinner in seinem Buch: „In einem Boot mit Ronald Rauhe“. Er erinnert sich nur allzu gut an den Moment dieser Niederlage, es war nur ein Wimpernschlag, der die beiden Boote trennte. Und zur Freundschaft mit Craviotto führte – 2016 in Rio de Janeiro gewannen beide zeitgleich Bronze im Einer.

„Wir waren Rivalen, eindeutig. Aber mit großem Respekt vor der Leistung des anderen. Und wir sind durch unseren Sport, durch Olympia, über den Geist des Sports und die Werte des Sports zu Freunden geworden. Respekt, Fairplay, Verständnis – all das prägte und prägt unsere Freundschaft“, sagt Ronny Rauhe. Und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Ich habe ihn schon in mein Wohnzimmer eingeladen, wenn wir mit Berlin dort Gastgeber der Spiele werden. Dann können wir ausführlich feiern.“