Mit Ronny Rauhe "in einem Boot"

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Der Rekord-Olympionike ist gefragt: Leadership-Programm des DOSB, TV-Experte, Olympia-Aktivist, Buchautor. Einblicke gibt Ronny Rauhe im Interview mit dem LSB und live am 11. Mai im Kino Union. Dort liest er aus seinem Buch „In einem Boot – Warum Leistungssport so wichtig für unsere Gesellschaft ist“.

 

Ronald Rauhe, charakterisieren Sie sich doch bitte einmal selbst…

Wenn ich es in drei Worten machen müsste: leidenschaftlich, ehrlich und manchmal leider auch etwas ungeduldig. Das ist schon ein ungewöhnlicher Start in ein Interview…

Die Frage fußt darauf, dass Sie durchaus als umtriebiger Mensch wahrgenommen werden können. Sie sind berufstätig, Familienvater, spielen Kanupolo, sind Buchautor, Redner, TV-Experte. Das lässt auf Neugierde, Experimentierfreude, sportlichen Ehrgeiz und einiges mehr schließen. Da wird man neugierig auf den Menschen Ronny Rauhe. Haben Sie Ihr Buch auch deshalb geschrieben, um sich selbst nochmals besser kennen zu lernen?

Ich habe nie damit gerechnet, dass ich mal ein Buch schreiben werde. Da war ich gedanklich weit von weg. Irgendwann mal ist die Idee entstanden, aus einem Gefühl heraus, aufzuzeigen, was aus meiner Sicht im sportlichen Bereich nicht so funktioniert und mal angesprochen werden müsste. Es ging gar nicht zwingend darum, meine eigene Geschichte zu erzählen. Aber dann kam die Idee, meine Vita sozusagen als roten Faden zu nehmen, um die Dinge zu schildern, die ich ansprechen will.

Im Nachhinein bin ich sehr glücklich, diesen Schritt gewagt zu haben. Natürlich war es auch eine Reise zu mir selbst. Es war ein sehr spannender Prozess, in dessen Verlauf ich noch einmal viel über mich selbst erfahren habe. Weil ich nochmals viel intensiver in mich gegangen bin und mir die Zeit genommen habe, über bestimmte Dinge nachzudenken. Warum sind bestimmte Dinge so gekommen, wie sie dann gekommen sind. Das Buchprojekt hat mich mir selbst nochmals nähergebracht.

Manche Dinge, die ich erlebt habe, als ich in dieser Sportblase gelebt habe, waren mir gar nicht so bewusst. Alles, was ich aufgearbeitet habe, nutze ich jetzt auch für meine Key-Notes. Da kann ich nun alles teilen, was ich erfahren habe. Vieles davon kann andere Menschen unterstützen, sich zu motivieren.

Ihre sportliche Karriere ist mehr als beeindruckend. Fahnenträger bei Olympia, Olympiasieger, Weltmeistertitel, die kaum zu zählen sind – man kann vermuten, dass der Sport ein tragendes Element Ihres Lebens ist. Die hohe Schlagzahl haben sie ja beibehalten. Nun sind aber auch andere Fähigkeiten gefragt als Kraft, Schnelligkeit und körperliche Ausdauer. Wie trainieren Sie die?

Das war der Grund, warum ich raus wollte aus dieser Sportblase. Ich hätte auch Trainer oder ähnliches werden können. Ich wollte aber schauen, ob ich diese anderen Fähigkeiten habe und ob ich diese auch einsetzen kann. Ich glaube nicht, dass man diese Fähigkeiten speziell trainieren muss. Man muss sich ihrer bewusst sein. Mit allem, was ich tue, trainiere ich sie ja jeden Tag. Und ich setze sie für etwas ein, wo ich meine Werte wiederfinde. Dann kommen meine Fähigkeiten am besten zum Tragen. Bei allem, was ich tue, ist wichtig, dass ich meine Werte wiederfinde. Da denke ich gar nicht so explizit darüber nach, welche Fähigkeiten notwendig sein könnten.

Ich muss mich mit dem, was ich tue, zu einhundert Prozent identifizieren können. Und das kann ich bei allem, was ich momentan tue. Das macht es mir so leicht, dieselbe Schlagzahl zu fahren, wie ich das früher getan habe. 

Sie sind Mitglied der Athletenkommission des Europäischen Olympischen Komitees, bei der Bundeswehr kümmern Sie sich um Sportsoldat*innen, setzen sich ein für die Förderung von Athlet*innen und sind Teil des zweiten Jahrgangs des LEAP, dem vom DOSB und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat initiierten Leadership-Programm. Was beinhaltet das LEAP-Programm?

Das LEAD-Programm soll Personen aus dem Sport ausbilden, um Führungspositionen im internationalen Sport wahrnehmen zu können, die für den deutschen Sport wichtig sein könnten. Ziel ist es, nach der Ausbildung in den internationalen Verbänden oder Gremien Positionen einzunehmen. Das Programm besteht aus fünf Modulen, die sich über ein Jahr erstrecken. Die Module haben verschiedene Inhalte - unter anderem auch, wie Netzwerke aufgebaut werden, wie ein Wahlkampf gestaltet werden sollte, und so fort.

Wie wichtig ist es für Sie, dass Athlet*innen Führungsrollen in Sportverbänden übernehmen, gerade auch international?

Ganz wichtig. Ein Anteil von Athlet*innen sollte in Führungspositionen und entsprechenden Kommissionen vertreten sein, weil sie die Sicht der Athlet*innen besser kennen als jemand, der Wettbewerbe so noch nicht erlebt hat. Von außen betrachtet ist alles immer leicht zu erklären, aber es spielen immer Dinge eine Rolle, die man selbst gefühlt haben muss. Von daher ist es aus meiner Sicht wichtig, Athlet*innen in Positionen zu bekommen, in denen sie mitgestalten können. In diesem Zusammenhang freue ich mich jetzt sehr, dass an der Spitze des IOC in Kirsty Coventry eine Athletin steht, die wie Thomas Bach an Olympischen Spielen teilgenommen hat, Olympiasiegerin ist und den Bereich von der Pike auf kennt.

Die Frage, ob Sie eine Olympiabewerbung positiv sehen, erübrigt sich. Was aber bringt eine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele aus Ihrer Sicht?

Die Spiele sind ein großartiges Ziel. Allein die Bewerbung würde für die Förderung des Sports schon sehr viel bringen. Sie würde dazu beitragen, dass der Sport generell in der Gesellschaft wieder mehr zählt. Es geht nicht nur um Medaillen bei Olympischen und Paralympischen Spielen, sondern um die Werte, die der Sport vermittelt. Das fängt im Kindesalter an. Eine Bewerbung würde die Förderung unserer Kinder durch und mit Sport voranbringen. Das Bewerbungskonzept darf nicht nur die Förderung von Sportstätten für den Spitzensport beinhalten, sondern muss Sportstätten für uns alle beinhalten. Ebenso wichtig: Durch die Bewerbung sollte auch die Ausbildung von Übungsleiter*innen noch intensiver gefördert werden. Ich bin selbst Vereinsvorstand – Übungsleitende zu gewinnen ist extrem schwer.

Ich habe auch die Hoffnung, dass über den Sport hinaus etwas bewirkt wird. Zum Beispiel, dass wir auch wieder Lust auf Leistung haben, Stolz für unser Land entwickeln können. Und ich glaube, dass die Spiele das Gemeinschaftsgefühl in unserem Land stärken würden.

Wenn die Spiele ein Anreiz für Kinder- und Jugendliche sein sollen, ihr Leben lang Sport zu treiben und sich dadurch geistig und körperlich fit zu halten, was muss man in Kita und Schule tun, um die Grundlagen zu legen?

Man muss dem Sport eine höhere Wertigkeit geben, zuerst einmal aber schon mal das umsetzen, was eigentlich im Lehrplan steht. Das wäre Stufe eins. Sport muss Inhalt des Alltags werden. Wir schaffen es heute nicht mehr, Kinder in der Früherziehung mit Sport in Verbindung zu bringen, damit sie einfach lernen, dass Sport Teil des Lebens ist. Da geht es auch um Wertevermittlung. Da ist Paris ein Vorbild, wo es durch die Spiele geschafft wurde, die tägliche Sportstunde in der Schule zu verwirklichen. Natürlich müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, wie die Sanierung von Sporthallen und die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern.

Interview: Gerd Graus

Veranstaltungshinweis

Ronald Rauhe live erleben – das geht nicht nur beim Sport. Am 11. Mai liest der Rekord-Olympionike aus seinem Buch „In einem Boot – Warum Leistungssport so wichtig für unsere Gesellschaft ist“. Eine spannende Diskussion im Kino UNION, Bölschestr. 69
12587 Berlin (am S-Bahnhof Friedrichshagen) ist am Sonntag, 11. Mai 2025, Beginn 11 Uhr ist garantiert – mit im Boot ist die Olympionikin Lisa Jahn.