Suchtgefahr bei Sportwetten entgegentreten

Der LSB führte mit dem Präventionsprojekt Glücksspiel der pad gGmbH eine Befragung in Vereinen durch und gibt Präventionsempfehlungen

Sportwetten sind gerade in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga sehr präsent. Nahezu jeder Verein wirbt mit einem Sportwett- oder anderen Glücksspielanbieter bzw. der entsprechenden Dachmarke. Durch Sponsoring und Werbung hat in den letzten Jahren eine Normalisierung von Sportwetten stattgefunden. Daten aus dem Glücksspielsurvey 2021 ergeben, dass 4,9 % der Allgemeinbevölkerung in den letzten zwölf Monaten an Sportwetten teilgenommen haben. Studien lassen darauf schließen, dass insbesondere sportaffine junge Männer und Mitglieder in Sportvereinen besonders häufig Wetten um Geld platzieren.

Der Landessportbund Berlin hat gemeinsam mit dem Präventionsprojekt Glücksspiel der pad gGmbH eine Befragung unter Mitgliedern der Berliner Sportvereine durchgeführt, um mehr über die Gewohnheiten und Einstellungen zum Thema Sportwetten zu erfahren. Verantwortlich seitens des LSB dafür war Dr. Christian Haberecht, Abteilungsleiter Bildung.

Herr Haberecht: Welche Rolle spielt das Thema Sportwetten in Berliner Vereinen?

Christian Haberecht: „Vorab muss gesagt werden, dass von Sportwetten schon ein hohes Suchtrisiko ausgeht. Man geht davon aus, dass ein Fünftel derjenigen, die wetten, eine Abhängigkeit aufweist. Und ja, auch in Berlin hat die Befragung gezeigt, dass wir von einer hohen Affinität zu Sportwetten in Berliner Sportvereinen ausgehen müssen.“

Was genau haben Sie denn in Berlin untersucht? Bei wie vielen Vereinen, und wie wurden die ausgewählt?

Christian Haberecht: „Die Befragung zielte vor allem auf das Wettverhalten und die vorhandene Risikobereitschaft. Es handelte sich um eine offene Online-Befragung, an der 407 Mitglieder aus diversen Berliner Sportvereinen teilgenommen haben. Die Ergebnisse sind also nicht repräsentativ und dürfen nicht überbewertet werden. Aber die Tendenz ist eindeutig und belegt, dass ein Bedarf an präventiven Maßnahmen besteht. Sportvereine sollen Orte des gesunden Miteinanders sein, insbesondere für Heranwachsende. Also müssen wir Suchtgefahren entgegentreten, ob es nun um Drogen oder Sportwetten geht.“

Wie hoch ist denn die Wettbereitschaft bei den Mitgliedern in Berliner Vereinen?

Christian Haberecht: „Das ist schon bemerkenswert. 30 Prozent der befragten Personen haben schon einmal gewettet, im vergangenen Jahr waren es immerhin elf Prozent, von denen aber die Hälfte mindestens einmal im Moment gewettet hat. 23 Prozent wetteten sogar wöchentlich. Diejenigen, die mindestens monatlich wetten, gaben durchschnittlich 478 Euro innerhalb der letzten drei Monate für Wetten aus. Mit Sportwetten geht ein hohes Suchtrisiko einher, und unsere Befragung in den Berliner Vereinen hat gezeigt, dass dies ganz klar auch in Berlin ein Thema ist. Das Präventionsprojekt Glücksspiel sieht da ebenso wie der Landessportbund und der Berliner Fußball-Verband einen großen Präventionsbedarf.“

Präventionsbedarf heißt, dass gehandelt werden muss. Auch in den Vereinen. Was kann getan werden, was können die Vereine tun?

Christian Haberecht: „Wir stehen in der Planung eines Pilotprojektes, dass in diesem Jahr mit einem Berliner Verein konzipiert und umgesetzt werden soll. Daraus erhoffen wir uns Erfahrungen dahingehend, welche Maßnahmen für Vereine sinnvoll und umsetzbar sind. Wir denken insbesondere an Schulungen für Trainer*innen und Vereinsführungen. Auch der mit Sportwetten zusammenhängende Aspekt der Spielmanipulation ist ein Thema, so dass möglichst auch Unparteiische einbezogen werden sollen. Im Idealfall sind die gemachten Erfahrungen dann auf andere Vereine und Verbände übertragbar. Aber natürlich können Vereine auch jetzt schon aktiv werden. Der erste Schritt und vielleicht wichtigste Schritt wäre, das Thema als relevant für die Vereinsarbeit anzuerkennen und ihm Aufmerksamkeit zu widmen. Auch wenn klar ist, dass viele Vereine derzeit ganz andere Schwierigkeiten haben, darf der organisierte Sport die Augen davor nicht verschließen.“

Das Gespräch führte Gerd Graus