Warum es wichtig ist, alle vier Optionen bei der Bestandsdatenmeldung abzufragen?
Rechtlich gibt es in Deutschland aktuell vier Optionen für einen Eintrag im Personenstand:
Männlich - Weiblich - Divers - Ohne Eintrag/ Keine Angabe
„Durch das ‚‘Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben‘ vom 18.12.2018 kennt das deutsche Personenstandsrecht drei mögliche Geschlechts-Einträge: ‚‘männlich‘, ‚‘weiblich‘ und ‚‘divers‘. Außerdem kann der Geschlechts-Eintrag offen gelassen werden“ (LSVD, 2023, Homepage).
Aktuell bezieht eine Personenstandmeldung alle Menschen ein, die sich als männlich, weiblich oder intergeschlechtlich identifizieren (= „divers“ ist möglich) bzw. bei der Geburt keinem Geschlecht eindeutig zuzuordnen waren (= ohne Eintrag/ Keine Angabe. Transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt oder die sich nicht in einem binären System einordnen (wollen/können), sind für die 3. und 4. Geschlechtsoption eigentlich nicht "vorgesehen". Selbst für Menschen, die den Geschlechtseintrag auf „divers“ ändern wollen, ist es aktuell sehr schwer und aufwändig. Es gibt sehr viele Vorgaben und Hürden, die häufig mit einem jahrelangen Prozess einhergehen. Diese sind psychisch wie auch physisch sehr anstrengend für die Menschen.
Das neue Selbstbestimmungsgesetz soll zukünftig regeln, dass eine Selbstbestimmung bezüglich des Geschlechtseintrages erleichtert wird: HIER KLICKEN für Informationen des Bundesministeriums fü Familie, Senioren, Frauen und Jugend
„Sport für alle“ funktioniert zudem nur, wenn wir so viele Hürden wie möglich ab- und nicht aufbauen. Bei der Bestandsdatenmeldung gehört in diesem Zusammenhang unbedingt die dritte und vierte Option zur Auswahl. Die Abfrage von Geschlecht sollte im Sport keine Menschen im Vorfeld ausschließen.
Eine Positionierung und Vorbildfunktion des organisierten Sports in Deutschland ist bei diesem Thema notwendig. Es sollte dabei eine Einigkeit herrschen, wenn es um eine nachhaltige und diskriminierungsfreie Weiterentwicklung des Sports und der Gesellschaft geht. Die Stimme des Sports hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft und sollte diese daher auch nutzen.
Der organisierte Sport muss niedrigschwelliger werden, wenn er sich für geschlechtliche Vielfalt öffnen möchte. Ausschluss und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der Geschlechtsidentität darf sich nicht bei grundlegenden Dingen wie bspw. einer Bestandsdatenerhebung zeigen. Wenn wir schon Geschlechterdaten in Sportvereinen und -verbänden erheben, dann müssen wir allen Menschen ermöglichen, eine solche Angabe auch tätigen zu können.
- Hierbei geht es nicht nur um die Einträge, wie sie in staatlichen Dokumenten zu finden sind. Es geht vielmehr um die Identität der Menschen und die Möglichkeit, sich im Sport ohne Angst oder Benachteiligung aufgrund von Geschlecht oder Geschlechtsidentität wohl fühlen zu können.
- Durch die Möglichkeit, die dritte (divers) wie auch die vierte Geschlechtsoption (keine Angabe/kein Eintrag) - unabhängig eines Eintrages im Personenstand - wählen zu können, erreichen wir die Menschen in ihrer Realität. Wir schützen sie und eröffnen eine Sportlandschaft, in der sie willkommen sind. Die vierte Option soll dabei allen Menschen offen stehen, die sich keiner der anderen drei Geschlechtsoptionen zuordnen können. Die 4. Option bedeutet aber nicht: Ich möchte mein Geschlecht nicht angeben!
Aus unterschiedlichen Gründen lässt sich (aktuell) ein „geschlechterfreier“ Sport kaum umsetzen, weshalb die Abfrage von Geschlecht im Rahmen von Sportorganisation und Wettkampfwesen weiterhin als sinnvoll erachtet wird:
- Eine Weitergabe geschlechtsspezifischer Daten an statistische staatliche Stellen ist verpflichtend.
- Ligabetrieb und Wettkampfsystem sollen gerechte und faire Bedingungen bieten. Bisher gilt die Einteilung nach Geschlecht für die meisten Verbände als alternativlos.
- Sportentwicklung im Bereich von Förderung und Stärkung bestimmter Zielgruppen lässt sich häufig nur verargumentieren, wenn es Zahlen für diese Zielgruppen gibt (Fördergelder, Zuschüsse u. ä.)
- Die Sichtbarkeit bestimmter Gruppen (z. B. trans- oder intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Personen) ist oftmals nur durch Zahlen eindeutig möglich.
Die Abläufe für Vereine bei der Bestandsdatenmeldung in Bezuf auf das Geschlecht laufen aktuell noch kompliziert, werden aber ab 2025 durch die Programmierung der 3. und 4. Option (divers oder ohne Eintrag/keine Angabe) an der Schnittstelle des DOSB vereinfacht:
Vereine:
Aktuell:
- Eingabe aller Mitgliederdaten ins System inkl. männlich oder weiblich, jedoch ohne Geschlechtsangaben divers oder ohne Eintrag/keine Angabe
- Zur Eingabe der 3./4. Option ein Excel-Formular des LSB einholen (Mitgliederverwaltung per E-Mail)
- Über Excel-Formular die Daten zu Geschlecht (3./4. Option) ergänzen
- Weiterleitung der gesonderten Liste an den LSB
Ab 2025:
- Eingaben aller Mitgliederdaten inklusive Geschlechtsangaben divers/keine Angabe ins Meldesystem des LSB
Vereine sollten aktuell Grundlagen schaffen, damit der Prozess zukünftig funktionieren kann. Es geht zunächst geht es darum, vier Geschlechtsoptionen auf einem Aufnahmeantrag anzubieten:
Am 10. August 2023 fand eine Informationsveranstaltung zum Thema statt. Die Aufzeichnung soll allen Interessierten, die nicht an der Veranstaltung teilnehmen konnten, einen Überblick geben über:
- Geschlechtliche Vielfalt - was bedeutet das?
- Umsetzung von geschlechtlicher Vielfalt in der Bestandsdatenerhebung für Sportvereine
- Vereine fit machen: "Die Charta für geschlechtliche Vielfalt im Sport"