Vielfalt und Gleichstellung

Über 780.000 Menschen treiben Sport in 2.300 Berliner Vereinen. Jede*r Einzelne ist etwas Besonderes und unterscheidet sich von den Anderen. Auch die Vereine sind in Bezug auf Mitgliederzahlen, Angebote, Standorte, Sportgeräte, Winter- oder Sommersportarten sehr verschieden. Diese Vielfalt macht den Sport lebendig, bunt und reich. Darauf sind wir stolz.

Die Vielfalt der Sportler*innen mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen muss in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, denn es geht dabei um das Miteinander der Menschen im Sport. Der Begriff Vielfalt beinhaltet unterschiedlichste Dimensionen (wie z. B. soziale, kulturelle oder biologische Vielfalt). Es gibt prinzipiell unendlich viele individuelle Persönlichkeitsmerkmale, Lebensstile und -entwürfe, die alle Menschen einzigartig machen und wichtig für eine vielfältige Gesellschaft sind.

Die Unterscheidung von Menschen aufgrund von verschiedenen Merkmalen (sichtbar und unsichtbar) nennt man Differenzierung bzw. Kategorisierung. Das sogenannte „Schubladendenken“ dient als soziale Einteilung in Kategorien, um sich einfacher in der Gesellschaft orientieren zu können. Dies ist per se kein negatives Verhalten, sollte jedoch in Bezug auf mögliche Diskriminierung ständig reflektiert und hinterfragt werden.

Der Landessportbund Berlin ist sich seiner Verantwortung bewusst und hat daher auch schriftlich festgelegt, nach welchen Werten er agiert:

  • Im Leitbild: „Sport ist eine Einladung an alle. So gestalten wir Gesellschaft, ermöglichen gleichberechtigte Teilhabe und vermitteln Werte. Wir stellen uns gegen jegliche Form von Diskriminierung, Extremismus, Gewalt und Missbrauch“.
  • In der Satzung (Stand 11/2022, § 4 Grundsätze und Werte: "(1) Der LSB wahrt parteipolitische Neutralität. Er vertritt die Grundsätze religiöser, ethnischer und weltanschaulicher Toleranz und verurteilt rassistische, verfassungs- und fremdenfeindliche Bestrebungen. Er tritt jeglicher Diskriminierung entschieden und aktiv entgegen. Das Präsidium gibt hierzu auf Empfehlung der zuständigen Ausschüsse ein zeitgemäßes Positionspapier heraus. Der LSB verurteilt jegliche Form von Gewalt, unabhängig davon, ob sie körperlicher, seelischer oder sexualisierter Art ist".
     

Die 7 Kerndimensionen von Vielfalt

Die Anerkennung der Vielfalt der Sportler*innen steht für den LSB Berlin im Vordergrund - unaghängig von (ethnischer) Herkunft, Nationalität oder Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung, Alter, sozialer Herkunft, körperlicher oder geistiger Behinderung/Beeinträchtigung, Geschlecht, geschlechtlicher oder sexueller Identität. Zusammengefasst sprechen wir von  7 nahezu unveränderbaren Persönlichkeitsmerkmalen, den so genannten "Kerndimensionen", die die Persönlichkeit des Menschen in besonderem Maße prägen und dadurch explizit schützenswer sind.

Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sind alle Kerndimensionen (außer „soziale Herkunft“) festgehalten und dadurch juristisch geschützt. Aktuell wird diskutiert, inwieweit „soziale Herkunft“ als siebte Dimension auch gesetzlich verankert wird (Stand 2022). Nur Benachteiligungen aufgrund einer der Kerndimensionen lassen sich rechtlich eindeutig als Diskriminierung einordnen. Benachteiligung sollte jedoch auch in allen weiteren Dimensionen von Vielfalt nicht stattfinden.

 

Definition von Gleichstellung beim LSB Berlin

Der LSB Berlin versteht unter Gleichstellung mehr als die zweigeschlechtliche Gleichstellung von Männern und Frauen in unserer Gesellschaft und im Sport. Der Landesausschuss Gesellschaftliche Verantwortung verständigt sich aktuell über eine feste Definition.

Was bedeutet Diskriminierung für den LSB Berlin?

Diskriminierung ist eine selektive Benachteiligung/Herabwürdigung aufgrund unterschiedlicher Merkmale und hat negative Auswirkungen für ein Mitglied einer speziellen Zielgruppe bzw. für eine bestimmte Gruppe. Diskriminierung zeigt sich durch bspw. das Verhalten einer Person, eine Vorschrift, eine Maßnahme oder auch strukturelle Begebenheiten. Sie schränkt die Teilhabe der Menschen ein, sie werden oft ausgegrenzt oder auch (seelisch/körperlich) verletzt. Der Maßstab von Menschen, die diskriminieren, sind meist bestimmte Wertevorstellungen, unreflektierte oder unbewusste Einstellungen und Vorurteile. Die sogenannte „positive Diskriminierung“ beschreibt eine Besserbehandlung aufgrund einer vorhandenen Diskriminierungsdimension (was aber von den betroffenen Personen nicht gewollt ist). Die Bevorzugung aufgrund bestimmter Faktoren kann jedoch auch ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung sein, wenn sie begründet und nicht bevormundend ist.

Diskriminierung kann beabsichtigt oder unbeabsichtigt erfolgen. Oft sind sich Menschen nicht bewusst, wenn sie andere aufgrund von Persönlichkeitsmerkmalen benachteiligen, diskriminierende Aussagen tätigen oder gewachsene Strukuren nicht hinterfragen. Ein Instrument, das im Falle von beabsichtigter Diskriminierung häufig genutzt wird, ist (digitales) Mobbing (würdeverletzend, zielgerichtet, langfristig und systematisch).

Unterschiedliche Arten von Diskriminierung:

Direkte DiskriminierungIndirekte Diskriminierung
  • individuell
  • strukturell oder institutionell
  • offensichtlich
  • oft nicht eindeutig zu identifizieren
  • äußert sich durch konkrete Handlungen/Äußerungen 
  • zeigt sich beispielsweise durch Regeln/Maßnahmen
  

Beispiele:

  • Verbale Anfeindungen und Beschimpfungen à Sprache beispielsweise kann direkt diskriminieren (Beschimpfungen), aber auch indirekt (z. B. Mis-Gendering oder Abwertung durch Negativierung der Begriffe „schwul“ oder „behindert“)
  • Anzügliche Bemerkungen, Anstarren, unerwünschte Blicke
  • Bedrohung, Einschüchterung, Erniedrigung
  • Körperliche Übergriffe/Gewalt
  • Ungerechtfertigte gute/schlechte Bewertung
  • Zuordnung in spezielle Gruppen/Sportarten aufgrund eines Merkmals
  • ...

Beispiele:

  • Unterschiedliche/unpassende Bewertungsstrukturen (z. B. trans*, inter* und nicht-binäre Menschen haben meist keine Listen, nach denen sie bewertet werden könnten; bestimmte Gruppen müssen ohne wissenschaftliche Grundlagen mehr Leistung bringen)
  • Zugang zu Sport, Sportstätten oder Sportarten (finanziell oder räumlich Barrieren, ausschließende Regeln wie z. B. Eintrittspreise oder teure Mitgliedschaft, bauliche Barrieren für Menschen mit eingeschränkter Seh- oder Gehfähigkeit, fehlendes Regelwerkt für trans*, inter* und nicht-binäre Personen im Wettkampfbetrieb
  • Geringere Sichtbarkeit und weniger Förderung für benachteiligte Gruppen
  • ...

Eine Allgemeingültigkeit für Diskriminierung ist schwierig festzulegen! Einige Situationen/Handlungen sind eindeutig zu identifizieren, bei vielen müssen aber verschiedene Faktoren betrachtet werden, um sagen zu können, ob es sich tatsächlich um Diskriminierung handelt. Es kommt dabei immer auf Sender*in und Empfänger*in an und ist von den Bedingungen abhängig (Von wem geht es aus? An wen ist es gerichtet? Fühlt sich jemand diskriminiert?). „Mehrere betroffene Personen [können] ein und dieselbe Situation unterschiedlich bewerten (als diskriminierend oder nicht-diskriminierend)“ (Quelle: A. El-Mafaalani et al. 2017 in Scherr, Handbuch Diskriminierung, S. 180).

Machtverhältnisse und Privilegien in der Gesellschaft/Struktur sind ein wichtiger Faktor in der Betrachtung, denn Diskriminierung findet immer in einem Machtverhältnis statt. Sie geht von Status höheren Gruppen in Richtung der Status niedrigeren Gruppen/Personen – also beispielsweise von Menschen ohne Behinderung in Richtung von Menschen mit Behinderung. Personen, die in Bezug auf ein geschütztes Persönlichkeitsmerkmal den Werten/Normen einer „Dominanzgesellschaft“ entsprechen, können in Bezug auf dieses Merkmal nicht diskriminiert werden (z. B. Menschen ohne Migrationsgeschichte können aufgrund der ethnischen Herkunft/Nationalität nicht diskriminiert werden im Gegensatz zu Menschen mit Migrationsgeschichte. Oftmals spielt es eine Rolle, dass eine bestimmte Gruppe mit Privilegien eine weniger privilegierte Gruppe diskriminiert, um beispielsweise die eigene Macht „zu schützen“.

Sport und Diskriminierung

Sport mit seinem oftmals vorhandenen Leistungsgedanken ist ein besonders schwieriges Feld, wenn es darum geht, Ausschluss oder Benachteiligung zu minimieren. Inwieweit ein Ausschluss im Sport als legitim oder als unzulässige Diskriminierung gilt, wird kontrovers diskutiert und ist sehr konfliktreich. Diskriminierung juristisch als „zulässig“ einzuordnen ist, wenn diese durch zwingende sachliche Gründe gerechtfertigt wird. Diese Gründe sind häufig jedoch nicht eindeutig formuliert und müssen je nach Lebensbereich, Diskriminierungsdimension und -form unterschiedlich bewertet werden.

Es lässt sich hierzu festhalten, dass ein Ausschluss oder eine Benachteiligung aufgrund individuell zurechenbarer Unterschiede der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als rechtfertigbare Benachteiligung einzuordnen ist, solange es nicht mit kollektiver Merkmalszuschreibungen einer Gruppe einhergeht.

  • Du kannst im Team nicht mitspielen, da Deine Leistung für das Leistungsniveau nicht ausreicht (im besten Falle nach einem objektiven, transparenten und standardisierten Leistungstestverfahren geprüft) = nicht als Diskriminierung zu werten
  • Du bist zu klein (körperliche Fähigkeiten), zu alt (Alter) oder hast das falsche Geschlecht (Geschlecht), daher kannst Du nicht im Team mitspielen = als Diskriminierung zu werten

Wenn es bei einem Ausschluss darum geht, Personen vor gesundheitlichen Risiken zu schützen, dann ist dies ein weiterer Grund, der nicht per se als Diskriminierung einzuordnen ist. Jedoch muss diese Schutzfunktion nachvollziehbar und nachweislich notwendig sein.

 

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Ansprechpersonen

Benjamin Csonka

Beauftragter für Vielfalt und Gleichstellung