13. August 1961. Der Mauerbau durch die DDR. Familien wurden getrennt, Freundschaften auf Eis gelegt. Begegnungen zwischen Menschen, die sich jahrelang getroffen hatten, waren nicht mehr öglich. Arbeitsverhältnisse ebenso wenig, auch die Telefonleitungen von Ost nach West wurden gekappt. Die Mauer riss die Stadt auseinander. Auch den Sport. Menschen, die miteinander Sport getrieben hatten, standen nun auf unbekanntem Terrain. Aus Gemeinsamkeit wurde ein Gegenüber, das nicht zusammenkommen konnte. Vereinszugehörigkeiten wurden hochoffiziell ohne
eigenes Zutun beendet. Was die Politik beschloss, machten die Herzen jedoch nicht mit. Nur ein Beispiel: Fußballfans aus dem Ostteil hielten sich sonntags in der Nähe des alten Hertha-Stadions an der Weddinger Plumpe auf und fieberten mit ihrer Hertha. Nur die Akustik half, etwas vom Sportgeschehen‚live mitzuerleben. Und das heimliche Hören von Westsendern
über ihr Transistorradio „Sternchen“.

Liebesgaben überwinden die Mauer

Die Postverbindungen jedoch blieben intakt. Briefe und Päckchen waren die Mittel auch für Sportler*innen, um den Kontakt zu ihren Vereinskamerad*innen jenseits der Mauer aufrechtzuerhalten. Der Sportverband Groß-Berlin rief seine Verbände und Vereine zur „Päckchen-Aktion“ auf. Päckchen wurden mit Bohnenkaffee, Schokolade und Zigaretten sowie im Ostsektor raren Waren gefüllt. Sie gingen als „Liebesgaben“ per Post über die Mauer. Alles Gedruckte jedoch, selbst Vereins- und Sportzeitungen, war verboten und wurde konfisziert.

Die Paketsendungen funktionierten wie in einer Familie, nur dass die Familie eine sehr große war: die Sportfamilie in Groß-Berlin. Eines nach Osten, Hunderte, Tausende – und, wenn möglich, immer ein Paket aus dem Osten zurück in den Westen. Man blieb in Kontakt, trotz der Mauer. Und der Bund half mit: Ein Jahr nach dem Mauerbau gab es pro Paket 20 Mark Unterstützung. 1962/63 wurden zu Pfingsten und Weihnachten je 2.500 Päckchen gepackt und an die Vereinsmitglieder im Ostteil der Stadt und der DDR versandt. In den Folgejahren waren es 4.000 Päckchen, nach den Passierscheinabkommen dann weniger, konnte man doch wieder ein wenig „reisen“. Der Bund erhöhte den Zuschuss pro Päckchen auf 50 Mark einmal im Jahr. Ganz vorn bei der Aktion waren die Fußball-, Turn-, Ruder- und Schwimmvereine.

Der Sport brachte die Menschen zusammen

Die Sportvereine blieben aktiv, solange die Mauer existierte: 1989 waren es noch 121 Vereine, die Päckchen an 715 Adressaten schickten. Und immer schickten sie die Hoffnung mit, wieder gemeinsam Sport treiben zu können. Nur wenige Tage nach dem 9. November 1989 war es dann so weit. Bis Dezember 1989 fanden 200 Sportbegegnungen zwischen Vereinen aus beiden Teilen Deutschlands statt, davon 80 im wieder offenen Berlin. „Es ist so, als ob wir jetzt erst anfangen zu leben“, meinte einer der Sportler aus dem Ostteil Berlins. Über den Sport fanden die Menschen
schnell wieder zueinander.

Aber auch die Herausforderungen der Vereinigung mussten gemeistert werden. Der Aufbau neuer Strukturen, die Aufarbeitung der Geschichte, auch die Schlagzeilen über Stasi und Doping. Ganz so schnell wie erhofft und vorgesehen, konnte der Weg zum Miteinander auch im Sport nicht gegangen werden, auch wenn im Dezember 1990 die Landessportbünde von Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in den Deutschen Sportbund aufgenommen wurden. 21 Millionen DSB- und 3,78 Millionen DTSB-Mitglieder waren unter einem Dach vereint.